In diesem VR-Gaming-Projekt wurde mithilfe gezielter UX-Research-Methoden das Verständnis für die aktive Spiel-Community vertieft und das Spiel an die tatsächlichen Bedürfnisse und Nutzungsmuster angepasst, um ein besseres Engagement und eine höhere Bewertung auf Steam zu erreichen.
Das Spiel wurde ursprünglich für eine bestimmte Zielgruppe konzipiert, erzielte jedoch trotz funktionierender Technik und Kommunikation nicht die gewünschten Engagement-Zahlen und Bewertungen. In der aktiven Community zeigten sich Hinweise auf eine Diskrepanz zwischen Produktvision und tatsächlichen Nutzerinteressen.
Im Zentrum dieser Phase stand das Ziel, die tatsächlichen Bedürfnisse, Motivationen und demografischen Merkmale der aktiven Nutzer:innen besser zu verstehen, um darauf aufbauend fundierte strategische Entscheidungen für die Weiterentwicklung des Spiels zu treffen. Die ursprüngliche Zielgruppendefinition basierte primär auf internen Annahmen und Marktvergleichen, wich jedoch deutlich vom aktiven Nutzerverhalten und dem Community-Feedback ab. Daher wurde ein explorativer Forschungsansatz gewählt, um ein realistisches, datengestütztes Bild der tatsächlichen Spielenden zu erheben.
Dazu wurden folgende zentrale Forschungsfragen entwickelt:
Um die oben genannten Forschungsfragen zu beantworten, wurde ein mehrstufiges methodisches Vorgehen gewählt, das qualitative und quantitative Elemente miteinander verbindet. Der Fokus lag auf einer möglichst realitätsnahen und ressourcenschonenden Erhebung, die trotzdem klare, belastbare Aussagen zur aktiven Nutzergruppe ermöglichen sollte.
Zunächst wurde eine qualitative Inhaltsanalyse von bereits vorhandenem Community-Feedback durchgeführt. Diese Inhalte wurden systematisch codiert, um wiederkehrende Themen, Wortwahl, Tonalität und Wünsche der Community zu erfassen. Daraus wurden erste Hypothesen zur tatsächlichen Nutzergruppe und deren Bedürfnissen abgeleitet z. B. zur Altersstruktur, zu bevorzugten Spielformen oder zur Relevanz bestimmter Features. Die Quellen umfassten u. a.:
Auf Grundlage der Community-Analyse wurden konkrete Forschungsfragen operationalisiert und in eine Online-Umfrage überführt. Die Umfrage kombinierte geschlossene und offene Fragen, um sowohl quantitative Daten als auch individuelle Rückmeldungen zu erfassen. Die Umfrage wurde innerhalb der Community geteilt, etwa über Discord, Social-Media-Kanäle und innerhalb des Spieles. Die erhobenen Daten wurden anschließend in mixed Methods ausgewertet.
Die Analyse zeigte deutlich, dass die ursprünglich vom Studio definierte Zielgruppe, etwa hinsichtlich Alter, Spielmotivation und Designpräferenzen, kaum mit der tatsächlichen Nutzerbasis übereinstimmte. Stattdessen kristallisierte sich eine alternative Zielgruppe heraus, die älter war, andere Spielgewohnheiten zeigte und vor allem Wert auf andere Features legte. Diese Nutzer:innen nutzten das Spiel anders als vorgesehen und beschrieben es mit Begriffen, die in der ursprünglichen Markenpositionierung kaum vorkamen. Auch bestimmte Features, die intern als Kern des Spiels betrachtet wurden, waren für diese Gruppe kaum relevant, während scheinbar nebensächliche Elemente stark geschätzt wurden. Insgesamt wurde klar, dass eine Neuausrichtung des Designs und der Kommunikation notwendig war, um die tatsächlichen Spielenden nachhaltig zu erreichen und zu binden.
Basierend auf den neuen Erkenntnissen wurden zentrale Designentscheidungen überarbeitet, um besser auf die Bedürfnisse der aktiven Community einzugehen. Features, die zuvor im Fokus standen, wurden reduziert oder angepasst, während besonders geschätzte Elemente stärker ausgebaut wurden. Auch Tonalität, UI-Texte und visuelle Gestaltung wurden in einzelnen Bereichen angepasst, um besser zur Lebenswelt der realen Zielgruppe zu passen. Die Anpassungen erfolgten schrittweise und wurden kontinuierlich mit der Community rückgekoppelt.
Die Umsetzung erfolgte iterativ im Rahmen kleiner Releases, um schnelles Feedback und risikoreduzierte Entwicklung zu ermöglichen. Enge Abstimmungen zwischen UX, Game Design und Community Management stellten sicher, dass Anpassungen praxisnah und ressourcenschonend blieben. Die neuen Inhalte wurden bewusst nicht als „Richtungswechsel“ kommuniziert, sondern als natürlicher Entwicklungsprozess im Dialog mit der Community. Erste Rückmeldungen sowie Bewertungen auf Steam zeigten, dass sich Nutzer:innen stärker abgeholt fühlten und das Vertrauen in das Projekt wuchs.
Dieses Projekt hat gezeigt, dass eine zu starke Orientierung an der ursprünglich definierten Zielgruppe hinderlich sein kann, insbesondere dann, wenn reale Nutzungsmuster deutlich von den Erwartungen abweichen. Der systematische Einbezug von Community-Feedback erwies sich dabei als besonders wertvoll, um ein besseres Verständnis für tatsächliche Nutzerbedürfnisse zu gewinnen. Gerade bei Live-Produkten kann frühzeitiges, datengestütztes UX Research helfen, gezielte Anpassungen vorzunehmen, die nicht nur die Nutzerbindung stärken, sondern auch teamintern klare Entscheidungsgrundlagen schaffen und das selbst mit begrenzten Ressourcen.